Analoge Spielkultur
Analoge Spiele haben eine jahrtausendealte Tradition und sind über Kulturen und Generationen hinweg Gemeinschaft stiftend. Unabhängig von Alter, Geschlecht, Bildung sowie kultureller und sozialer Herkunft fördern Spiele den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Sie wirken mit ihrer Generationen verbindenden Kraft integrativ, sie aktivieren geistige Flexibilität und regen die Fantasie an. Spiele fördern Konzentration, Durchhaltevermögen und logisches Denken sowie Kompromissfähigkeit, Selbstfürsorge und Interaktionskompetenz. Damit tragen sie zur Persönlichkeitsentwicklung bei und sind ein unverzichtbares Bildungsmedium. Als kulturelle Artefakte rezipieren und transformieren analoge Spiele außerdem eine breite Vielfalt von Themen.
Für Kinder ist Spielen eine elementare Lernform zur Förderung ihrer emotionalen, sozialen, kognitiven und motorischen Fähigkeiten sowie von Methodenkompetenz und der Akzeptanz von Regeln. Familien nutzen Gesellschaftsspiele für analoge „Quality Time“ und stärken so den familiären Zusammenhalt. Jugendliche und Studierende profitieren von der emotionalen Öffnung im Spiel und von der Intensivierung ihrer direkten sozialen Kontakte. Bei Senioren wirken Gesellschaftsspiele gegen die Vereinsamung, stiften Momente der Lebensfreude und lassen sich in der Demenzprävention einsetzen. Therapeutische Einsatzgebiete finden sich z.B. in der Behandlung von Legasthenie, Dyskalkulie und bei psychosozialen Problemen.
Deutschland ist mit ca. 160 Spieleverlagen ein wichtiger kultureller sowie wirtschaftlicher Standort, von dem aus – auch international gesehen – bedeutende inhaltliche Impulse für die Weiterentwicklung dieses kulturellen Mediums ausgingen und weiterhin ausgehen. Dazu trägt auch die Jury Spiel des Jahres bei, die den international beachteten Kritikerpreis Spiel des Jahres vergibt. In Essen findet jährlich die weltweit größte Publikumsmesse SPIEL mit fast 1.000 Ausstellern und bis zu 200.000 Besuchern rund um analoge Spiele statt, auf der der Publikumspreis Deutscher Spielepreis vergeben wird.
Leider wird die analoge Spielkultur in Deutschland bei der Umsetzung gesetzlicher Vorgaben sowie in der Förderung bisher stark vernachlässigt. Analoge Spiele sind ein ebenso wichtiges und damit unverzichtbares Kulturgut und Bildungsmedium wie Literatur, digitale Medien, Kunst, Musik und Theater. Es ist also perspektivisch notwendig, die analoge Spielkultur so zu fördern, dass sie ihrer tragenden gesellschaftlichen und bildungspolitischen Rolle angemessen gerecht werden kann und bisherige Benachteiligungen abgebaut werden.
Literaturtipp: Kulturgut Spiel von Max J. Kobbert, das den Bogen zwischen Jahrtausende alter Geschichte dieses Kulturguts und dessen aktueller Bedeutung spannt. Dazu passt auch der folgende Link zu The Full History of Board Games, der ebenfalls einen interessanten Überblick in die Kulturgeschichte der Brettspiele gibt.